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Der geschlossene Kunststoffkreislauf in der Kunststoffdebatte

Die Kunststoffdebatte stellt die Getränke- und Lebensmittelindustrie vor große Herausforderungen. Für die KHS Gruppe steht fest: Der verstärkte Einsatz von recyceltem PET ist eine bedeutende Teillösung. Deshalb setzt der Dortmunder Systemanbieter auf nachhaltige Produkte und Services, die zu einem geschlossenen Wertstoffkreislauf beitragen.

Laut dem Wirtschaftsmagazin Forbes kommen in Europa pro Kopf jährlich etwa 140 PET-Flaschen in Umlauf, in den USA sogar 290 Stück. Aller Kritik zum Trotz – der Plastikbehälter erfreut sich sogar wachsender Beliebtheit: Global gerechnet werden es jährlich rund vier Prozent mehr. Allerdings wächst auch das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Recycling: Weltweit – so Forbes – wurden 2019 schätzungsweise 57 Prozent aller PET-Flaschen wieder eingesammelt. Für 2029 prognostiziert das Magazin einen Anstieg dieser Rate auf 68 Prozent – allerdings mit starken regionalen Unterschieden: Während in Europa 57 Prozent aller Flaschen gesammelt würden, seien es in den USA nur 30 Prozent. China hingegen mausere sich zum Musterknaben und komme in zehn Jahren auf eine Sammelquote von stattlichen 82 Prozent. Sammeln ist jedoch nicht gleichbedeutend mit Recyceln: In den USA landen 70 Prozent der gesammelten Kunststoffe auf Deponien, in der EU immerhin noch 30.

Wie für Recycling gemacht: Kunststoff

Dabei lässt sich Plastik sehr gut recyceln, vor allem PET. Es ist der einzige Kunststoff, der wiederaufbereitet den gesetzlichen Anforderungen an Lebensmitteltauglichkeit entspricht. Und während bei anderen Werkstoffen wie Polypropylen, Polyethylen oder Polystyrol der mit den üblichen Recyclingverfahren einhergehende Qualitätsverlust unumkehrbar ist, kann recyceltes PET immer wieder auf den Standard von Neumaterial gebracht werden.

Es ist daher keine Überraschung, dass von den rund 477.000 Tonnen PET, die allein in Deutschland jährlich in die Produktion von Flaschen fließen, rund 93 Prozent stofflich verwertet werden. Allerdings wird nur etwa ein Drittel davon erneut für Flaschen genutzt – der Rest wird für die Herstellung von Folien und vor allem Textilfasern verwendet. Das führt dazu, dass ein erheblicher Teil der Rohstoffe dem geschlossenen Flasche-zu-Flasche-Wertstoffkreislauf entzogen wird.

Hinzu kommt die Preisentwicklung: Während sich der Preis für sogenanntes virgines PET an den Kosten von Rohöl orientiert und von dessen derzeit niedrigem Marktpreis profitiert, sind die Kosten für recyceltes PET in den vergangenen drei Jahren kontinuierlich gestiegen: Für rPET muss heute rund 20 Prozent mehr gezahlt werden als für das Ursprungsmaterial – auch, weil das Angebot die wachsende Nachfrage nicht deckt.

Hohe Qualitätsstandards

Hürden gibt es jedoch nicht nur auf der Rohstoffseite, sondern auch seitens einiger Getränkehersteller. Ihre Zurückhaltung gegenüber dem Einsatz von rPET beruht häufig auf der Befürchtung, dass sich der Werkstoff verfärbt oder es zu einem Rückgang der intrinsischen Viskosität kommt. Ein weiterer Punkt sind Sicherheitsstandards und damit einhergehend die Unbedenklichkeit des Materials. Und immer wieder taucht die Frage auf, ob das Mehrfachrecycling möglicherweise mit Qualitätseinbußen verbunden sei. Obwohl das in der Praxis noch nicht völlig erforscht wurde – eines ist klar: Dank des Wiederaufbaus der Polymerketten müssen keine Abstriche bei der Materialqualität gemacht werden, sofern Additive vollständig abgetrennt werden können. Für hohe Qualitätsstandards sorgt hier unter anderem die European PET Bottle Platform (EPBP) mit ihren klaren Vorgaben und Zertifizierungen. Während bis vor wenigen Jahren noch viel experimentiert wurde und die Getränke- und Lebensmittelindustrie ihre Erfahrungen mit recyceltem PET nach dem Trial-and-Error-Prinzip sammelte, steht heute einem flächendeckenden Einsatz hoher Anteile von wiederverwertetem PET (aus technischer Sicht) nichts mehr im Wege. Eine immer größere Anzahl an Getränkeherstellern und Marken setzt sogar auf Flaschen aus 100 Prozent Rezyklat. Wo das noch nicht der Fall ist, werden Selbstverpflichtungen veröffentlicht: Poland Spring, eine der größten Wassermarken in den USA, sowie Evian wollen bis 2025 100 Prozent rPET verwenden. Die übrigen Marken von Danone Waters, Pepsi und Coca-Cola planen bis zu diesem Zeitpunkt die Einführung einer weltweiten Quote von 50 Prozent. Ihr Ziel: Sie möchten, dass der leichte Grauschleier, der beim Mehrfachrecycling von PET-Flaschen auftreten kann, vom Konsumenten als Qualitätsmerkmal für eine nachhaltige Verpackung erkannt wird.

Fundiertes Fachwissen: KHS-Spezialisten beschäftigen sich seit 2012 mit rPET

Auch die KHS Gruppe beschäftigt sich mit dem Einsatz von Rezyklat – und das bereits seit 2012. Im Fokus des Serviceprogramms Bottles & Shapes steht dabei die praktische Anwendung auf den Streckblasmaschinen sowie auf allen Abfüll- und Verpackungslinien des Dortmunder Systemanbieters. „Wir führen Untersuchungen durch, um recyceltes PET zu qualifizieren, damit wir den Kunden vorab sagen können, welchen Einfluss das Material auf die Blasmaschine und die Flaschenqualität hat“, erklärt Arne Wiese, Product Manager Bottles & Shapes bei KHS Corpoplast. Ziel sei es, die unterschiedlichen Qualitäten quantifizieren zu können.

Dazu bedarf es einer engen Zusammenarbeit mit den Preformherstellern. Schließlich sind sie häufig zugleich diejenigen, die die gewaschenen PET-Flakes oder rPET-Granulate thermomechanisch weiterverarbeiten und für den Spritzguss aufbereiten. „In Europa stehen wir diesbezüglich mit allen großen Kunststoffverarbeitern im Dialog“, betont Wiese. Und nicht nur das: Auch mit den Maschinenbauern für die Preformherstellung kooperiert KHS. Dank der engen Zusammenarbeit können Daten vom Spritzgussprozess just-in-time verwendet werden, um den Streckblasvorgang anzupassen. Das macht die Flaschenproduktion effizienter, schneller und verbessert die Qualität der fertigen Behälter.

Anpassungen erforderlich – KHS bietet Lösungen

„Bei Rezyklat kann es von Charge zu Charge zum Beispiel zu Schwankungen in der Färbung kommen“, beschreibt Wiese eine der Herausforderungen. „Dunkleres Material nimmt Wärme besser auf. Für die geringere Heizleistung wird weniger Energie aufgewendet. Das macht zwar die Produktion effizienter, erfordert aber auch Anpassungen im Blasprogramm der Streckblasmaschine.“ Dafür sei eine Quantifizierung der Effekte unerlässlich, meint Wiese. Ein weiteres Beispiel ist die intrinsische Viskosität: „Je länger das Rezyklat unter Vakuum gekocht wird, desto länger werden die Polymerketten. Das heißt, dass die intrinsische Viskosität ansteigt und die Qualität sich verbessert. Dadurch entstehen Mehrkosten, die nicht jeder bereit ist auszugeben“, sagt Wiese. „In diesem Fall müssen wir Lösungen finden, das Material von unkritischen Stellen – wie im Fall von stillem Wasser dem Flaschenboden – zu kritischeren Zonen umzuverteilen.“ Erfahrungsgemäß haben Hersteller von Premiummarken angesichts dickerer Wandstärken ihrer Behälter weniger Anpassungsbedarf als Discounter, bei denen die Möglichkeiten des Lightweighting häufig ausgereizt sind – hier kann Rezyklat an seine Grenzen stoßen.

In diesem Kontext punktet eine von KHS in Zusammenarbeit mit dem Inspektionstechnikhersteller Agr International entwickelte Technologie: Die Unit Mold Control, ein digitales und automatisiertes Regelungssystem, das die Blasstationen der InnoPET Blomax einzeln ansteuert. Es hilft, die Materialverteilung präziser zu kontrollieren, reduziert Variationen der Wandstärke um bis zu 30 Prozent und verringert Qualitätsschwankungen im Streckblasprozess. „Das ist gerade für den Einsatz von recyceltem PET relevant“, erklärt Frank Haesendonckx, Head of Technology bei KHS Corpoplast. „Hier kann die Materialqualität schwanken, was dazu führt, dass die Flasche bei abnehmendem Preformgewicht immer stärkere Materialschwankungen aufweist und instabiler wird.“ Das neue System decke im Rahmen einer kontinuierlichen Wanddickenmessung unerwünschte Materialverschiebungen auf und steuere automatisch dagegen, stellt Haesendonckx fest. „Unit Mold Control vereint Gewichtsreduzierung und Flaschenstabilität und ist eine der vielen ebenso nachhaltigen wie effektiven Antworten, die KHS auf die Herausforderungen der aktuellen Verpackungsdiskussion findet.“

Laut Bottles & Shapes-Experte Arne Wiese gibt es keine überzeugenden Argumente, die gegen eine Verwendung von recyceltem PET für Getränkeflaschen sprechen. Als einzig relevanten Unterschied zwischen virginem und wiederverwertetem Material lässt er die etwas dunklere Farbe gelten. Aber auch das sei eine Frage der Sortierung – und nur bei Wasserflaschen wirklich sichtbar. Bei anderen Getränken – wie bei der von KHS entwickelten „Beyond Juice“-Saftflasche aus 100 Prozent Rezyklat – würde der Verbraucher den Unterschied bei gefüllter Flasche nicht einmal wahrnehmen. In mechanischer Hinsicht jedenfalls steht einem Umsteigen auf rPET nichts im Wege – beste Voraussetzungen auf dem Weg zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft.