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Effiziente Prüfstandsprozesse durch hydraulische Schrumpfscheiben in der Windindustrie

Am Getriebeprüfstand werden die Funktionen von tonnenschweren Windkraftgetrieben getestet, sie extremen Belastungen ausgesetzt und bis an die Materialgrenzen gebracht. Die Dimensionen der Ausrüstung sind entsprechend groß. Hydraulische Schrumpfscheiben sorgen dafür, dass Getriebe und Antrieb im Prüfstand sicher verbunden werden. Innovative Technologie erlaubt hier eine schnelle Montage und Demontage, Adaptivität auf verschiedene Wellengrößen sowie eine einfache Wartung.

Um die Qualität, Belastbarkeit und Lebensdauer von Windkraftgetrieben zu testen, werden am Getriebeprüfstand reale Betriebsbedingungen einer Windkraftanlage simuliert. Das Getriebe wird eingespannt und möglichen Lasten und Drehmomenten, die durch Wind, Gewicht der Rotoren und Eigengewicht der Windkraftanlage entstehen, ausgesetzt. Dabei finden nicht nur Serien-, sondern auch Überlasttests bis an die Materialgrenzen statt, die in Extremsituationen auftreten können, etwa bei Böen, Stürmen, plötzlichem Abschalten oder Bremsen der Anlage. Ein Prüfstand kann Lasten simulieren, die das zehn- bis 20-fache des Nominalbetriebs umfassen. Dabei kommen riesige Elektromotoren, Schwungräder und hydrodynamische Bremsen zum Einsatz, um die Rotorbewegung und die Lasten des Windes zu reproduzieren. Sensorik erfasst Temperatur, Schwingungen, Belastungen und Drehzahlen und überwacht den Betrieb. Die Prüfung erlaubt unter anderem Aussagen über die strukturelle Belastbarkeit und Lebensdauer, über Energieübertragung und Wärmeentwicklung des Windkraftgetriebes. Kühlung und Schmierung der Getriebe werden überprüft, ebenso die Entwicklung von Geräuschen und Vibrationen und das Verhalten des Materials, etwa, ob es zu Verformungen kommt.

Getriebeprototypen und neue Getriebe werden auf dem Prüfstand ausführlich getestet, um Schwachstellen zu identifizieren. Während der Serienfertigung finden Stichproben zur Qualitätskontrolle statt. Prüfstände können oft Getriebe verschiedener Typen, Größen und Hersteller aufnehmen. Im seriellen Betrieb werden Getriebe nacheinander getestet, ein Parallelbetrieb erfordert mehrere Prüfstände. Funktions- und Abnahmetests dauern Stunden bis zu mehreren Tagen, Belastungs- und Lebensdauertests können mehrere Monate in Anspruch nehmen, ebenso Entwicklungs- oder Prototypentests.
Kupplungsformen und Schrumpfscheiben

Als Verbindungselemente zwischen den Wellen des zu testenden Getriebes und dem Antrieb, etwa Motor oder Schwungräder, im Getriebeprüfstand kommen mechanische oder hydraulische Schrumpfscheiben und andere hochbelastbare Kupplungsformen in Frage.
Hydraulische Schrumpfscheiben können alle Belastungen, die über den Antriebsstrang laufen, bewältigen: Sie bestehen aus hochfesten Materialien, wie hochwertigem Stahl – Rohmaterialien werden geschmiedet oder gewalzt, um die erforderliche Robustheit mitzubringen. Sie stellen eine besonders sichere und präzise Verbindung her, da sie einen hohen Druck erzeugen und so eine reibschlüssige Verbindung ohne Spiel zwischen den Teilen ermöglichen. Auch hohe Drehmomente und realistische Lasten können damit sicher von der Antriebswelle auf das Getriebe übertragen werden, ohne dass die Verbindung verrutscht oder bricht – unter verschiedenen Bedingungen wie wechselnden Temperaturen, Drehzahlen und Vibrationen.

Neuralgische Bereiche an Getrieben und Prüfstandbauteilen sind jene, wo Flächen von Bauteilen zusammengefügt werden. Ist der Druck der Pressung nicht hoch genug, können Verschleißerscheinungen und Abnutzungen, schlimmstenfalls große Schäden entstehen. Wenn Teile verrutschen, kann es zu sogenannten Materialfressern kommen. Gerade in einem Planetengetriebe ist der Träger einer der teuersten Teile im gesamten System und eine Hauptkomponente. Nimmt er Schaden, sind die Kosten enorm.

Die Art der Kupplung von Welle und Antrieb des Getriebes im Prüfstand spielt für Faktoren wie Energieverbrauch, Wartung, Ersatzteilbedarf und Lebensdauer keine entscheidende Rolle; Eine mechanische bzw. hydraulische Schrumpfscheibe oder eine andere Kupplungsvariante macht im Gesamtsystem hinsichtlich des Energieverbrauchs keinen Unterschied. Hydraulische Schrumpfscheiben sind in der Wartung sogar etwas komplexer als mechanische. Da alle Teile lange im Einsatz sind und eine hohe Lebensdauer besitzen, ist die Frage nach Ersatzteilen ebenfalls nicht relevant. Es gibt aber einen anderen, entscheidenden Faktor: die Zeitersparnis bei der Montage im Prüfstand.

Massive Zeitersparnis bei der Montage von hydraulischen Schrumpfscheiben

Für hydraulische Schrumpfscheiben im Getriebeprüfstand spricht deren schnelle Einsatzbereitschaft und die daraus resultierende geringere Belegungszeit des Prüfstands: Für serielles Testen müssen die Getriebe schnell gewechselt werden können. Hydraulische Schrumpfscheiben lassen sich nicht nur leicht montieren und demontieren. Das gesamte System kann zudem außerhalb des Prüfstands vorgerüstet werden. Um die Schrumpfscheibe aufzuziehen, muss der Prüfstand also nicht belegt werden.

Hinzu kommt: Welle und Nabe bleiben beim Aufziehen und Verspannen der hydraulischen Schrumpfscheiben unbeschädigt, es entstehen weder Kerbspannungen noch Materialschwächungen, was bei anderen Kupplungsarten der Fall sein kann.

Mehr Effizienz durch hydraulische Schrumpfscheiben

Für die möglichst einfache Montage hydraulischer Schrumpfscheiben hat die TAS Schäfer GmbH, führender Hersteller für Reibschlussverbindungen in der Antriebstechnik, ein Bajonettsystem entwickelt: Es blockiert die Halteschrauben und erzeugt die Verriegelung; Werkzeug zum Anziehen der Schrauben ist nicht mehr notwendig. Damit steigt die Arbeitsgeschwindigkeit und gleichzeitig sinkt die Arbeitslast der Mitarbeiter: Ein Einzelner kann den Verriegelungsprozess innerhalb von Sekunden erledigen. Gerade im Bereich der Windkraft mit ihren extremen Dimensionen, wo Schrumpfscheiben schnell einen Nabendurchmesser von einem Meter eingesetzt werden, ist die Zeitersparnis enorm: Die Verspannung, die früher ein bis zwei Arbeitsschichten in Anspruch genommen hat, kann nun innerhalb weniger Minuten erfolgen. Das einfache Handling und der massive Zeitgewinn bei der Montage haben dazu geführt, dass sich das System auf Prüfständen weltweit durchgesetzt hat und TAS Schäfer zum Marktführer avancierte.

Da durch das Bajonettsystem keine Schrauben nacheinander festgezogen werden müssen, verbessert sich die Arbeitssicherheit. Ein entscheidender Faktor stellt hier der benötigte Druck dar: Hydraulische Schrumpfscheiben von TAS Schäfer erfordern in der Regel 180 bar Druck, maximal 200. Andere Hersteller benötigen bis zu 1000 bar, um die notwendige Pressung und damit die reibschlüssige Verbindung zwischen Nabe und Welle herstellen zu können. Ein weiterer Vorteil sind anpassbare, hydraulische Schrumpfscheiben: Idealerweise sind sie so aufgebaut, dass eine einzige an verschiedene Durchmesser der Hohlwelle angepasst werden kann – mit Adapterringen oder geschlitzten Innenringen. So können mit nur einer Scheibe verschiedene Hohlwellen am Getriebe getestet werden, was wiederum das Investment verringert.

Hydraulische Schrumpfscheiben selbst warten

Mit dem System von TAS Schäfer können Betriebe ihre Schrumpfscheiben selbst warten, schmieren bzw. fetten und reparieren. Das ist gerade für Anwender in Übersee wie China oder Indien ein großer Vorteil, da es massive Kosteneinsparungen beim Investment bedeutet. Denn muss eine Schrumpfscheibe für die Wartung zum Hersteller verschifft werden, fällt sie wochenlang aus. Im Einkauf müssten für einen solchen Fall zwei Scheiben beschafft werden, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Diese Notwendigkeit entfällt jedoch, wenn der Betrieb selbst dazu in der Lage ist, die Schrumpfscheibe zu warten.

TAS Schäfer hat die Intensität der Wartung auf das Notwendige reduziert, Bauteile nach diesen Ansprüchen modifiziert, Standardkomponenten wie O-Ringdichtungen oder Schrauben eingesetzt und geeignete Schmiermittel aufgetan. Das Ziel: Die Abnutzung der Bauteile so gering wie möglich halten und den einfachen Austausch von Teilen zu ermöglichen. Daraus resultiert auch eine erhöhte Lebensdauer der Schrumpfscheiben: Bei entsprechender Wartung können sie über 15 Jahre lang im Einsatz sein – auch bei häufiger Nutzung und unter hoher Belastung.

Technologische Entwicklung

Gängig ist die Ausrüstung der langsam laufenden Seite des Getriebes im Prüfstand mit Schrumpfscheiben. Seit etwa zwei Jahren werden auch Lösungen für die schnell laufende Ausgangsseite des Getriebes entwickelt und zum Beispiel das Bajonettsystem an kleinere Baugrößen und kleinere Wellen adaptiert.

TAS Schäfer entwickelt die hydraulischen Schrumpfscheiben stets in Zusammenarbeit mit Getriebeherstellern. Verbesserungsvorschläge werden berücksichtigt, der direkte Kontakt mit dem Markt erlaubt Innovation. Ziel ist es, mit wenig Bauraum möglichst viel Drehmoment abdecken zu können. Das Material von Schrumpfscheiben soll besser genutzt, Bauteile flexibler gemacht und vereinheitlicht werden.

Fazit

Hydraulische Schrumpfscheiben mit smartem Verriegelungssystem erlauben eine schnelle Montage und Demontage und erschaffen so bei Getriebewechseln an Windkraftprüfständen eine massive Zeitersparnis. Innovative hydraulische Schrumpfscheiben lassen sich auf verschiedene Hohlwellgrößen anpassen und selbst warten, was die Investitionskosten verringert und zugleich die Lebensdauer verlängert.

Autoren: Nadja Müller, Journalistin und Rolf Gertner, Leiter Entwicklung / Konstruktion TAS Schäfer GmbH