Forschung im Südpolarmeer: Labor auf dem Eisbrecher
Minus 19° Celsius und Eismeer statt 40° und Pool: Vier Wissenschaftler der Universität Duisburg-Essen (UDE) haben gerade drei Wochen auf einem Forschungsschiff in der Antarktis verbracht. Als Teil eines internationalen Teams untersuchten sie im dortigen Winter das Eis, das für den Pol, aber auch für das Weltklima entscheidend ist.
100 Wissenschaftler aus 13 Nationen waren an Bord des südafrikanischen Forschungsschiffes SA Agulhas II. Für 21 Tage und 6.600 Kilometer nahmen sie teil am großen internationalen Klimaschutzforschungsprojekt SCALE (Southern Ocean Seasonal Experiment), um die winterlichen Verhältnisse in der Antarktis zu untersuchen.
So waren es nicht gerade übliche Laborbedingungen, unter denen die UDE-Ingenieure arbeiteten: „Die Kälte war extrem“, berichtet Dr. Carina Nisters. „Wir haben ständig drei Schichten Kleidung getragen.“ Und Prof. Jörg Schröder, Leiter des Instituts für Mechanik, fügt hinzu: „Im Polar-Labor herrschten konstant minus 10°C, das fühlte sich im Vergleich zu draußen richtig warm an. Aber länger als eine Stunde konnte man es auch hier kaum aushalten.“
Das Südpolarmeer wird als Klimaschwungrad der Erde bezeichnet, weil es entscheidende Anteile der Sonnenenergie und der zunehmenden Kohlendioxid-Emissionen aufnehmen kann. Doch noch immer ist wegen der widrigen Wetterverhältnisse und der abgeschiedenen Lage zu wenig über dieses gigantische System bekannt.
In einem Laborcontainer an Bord des Eisbrechers nahmen die Wissenschaftler daher die physikalischen, chemischen, biologischen und mechanischen Eigenschaften des Eises genau unter die Lupe. Dafür entnahm das Team „Sea Ice“, zu dem auch die UDE-Forscher gehörten, Bohrkerne aus großen Flächen und aus „Pfannkucheneis“ – kleineren Schollen mit wulstigem Rand.
Bis zu 18 Meter hoch waren die Wellen, die unter und neben dem 130 Meter langen Schiff entlangrollten. Aber auch bei ruhigem Meer gehörte der Seemannsgang zum Alltag an Bord – Tabletten halfen gegen Reiseübelkeit.
Mit einer speziell für diese Expedition konstruierten Apparatur nahmen und analysierten die Forscher zudem Proben von „Frazil-Eis“. Dieses besteht aus noch flüssigem Wasser mit ersten gefrorenen Partikeln darin und wird erst später zu festem Meereis. Da die Bedingungen im antarktischen Winter besonders extrem sind, gibt es dazu bislang nur wenige Daten. „Unsere Ergebnisse sind nun die Basis für Modelle, die das Verhalten der Schollen unter verschiedenen Bedingungen analysieren und vorhersagen können“, erklärt Prof. Doru C. Lupascu, Leiter des Instituts für Materialwissenschaft.
Die Expedition fand statt unter der Leitung der Universität Kapstadt (Südafrika) und umfasste 17 verschiedene Forschergruppen aus der Biologie, Chemie und den Ingenieurwissenschaften. Sie wurde von der South African National Research Foundation (NRF) über das South African National Antarctic Programme (SANAP) finanziert, mit Beiträgen des Department of Science and Innovation und des Department of Environmental Affairs.