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Corona-Gefahr ignoriert: Arbeitgeber verbietet Atemschutzmasken

Die „Corona-Disziplin“ auf dem Bau sinkt: Immer häufiger werden auf Baustellen notwendige Abstands- und Hygieneregeln nicht eingehalten. Das hat die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) bei Arbeitsschutzkontrollen festgestellt. Viele Bauunternehmen seien trotz der Corona-Pandemie inzwischen wieder zu alten Verhaltensmustern zurückgekehrt und ignorierten damit die Infektionsgefahr: „Sammeltransporte zu Baustellen im Bulli sind in vielen Firmen wieder an der Tagesordnung. Genauso wie Pausen im engen Bauwagen“, kritisiert der Bundesvorsitzende der IG BAU, Robert Feiger. Oft hätten Bauarbeiter nicht einmal die Möglichkeit, sich am Waschbecken mit fließendem Wasser und Seife die Hände zu waschen. Das Aufstellen von Desinfektionsmittelspendern sei ohnehin die Ausnahme auf dem Bau.

Feiger berichtet von einem Fall aus Norddeutschland: Dort habe ein Arbeitgeber das Tragen von Mund-Nasen-Schutzmasken auf seinen Baustellen sogar verboten. „Die abstruse Begründung: Sonst beschlage die Brille. Damit könne dann nicht mehr ordentlich gearbeitet werden. Gerade im Innenausbau oder bei Sanierungen, bei denen nicht unter freiem Himmel gearbeitet wird, ist so eine Anweisung des Arbeitgebers natürlich völlig verantwortungslos“, so IG BAU-Chef Feiger. Er appelliert an die Baubeschäftigten, solche „respektlosen Arbeitgeber-Kapriolen“ nicht zu akzeptieren und sich an die Bau-Gewerkschaft zu wenden.

„Kein Händewaschen, kein Abstand, keine Atemschutzmaske: Viele Bauunternehmen ignorieren die Corona-Gefahr, indem sie zum alten Trott zurückkehren“, sagt Feiger. Corona-Schutz sei allerdings Arbeitsschutz. Der IG BAU-Chef appelliert daher an die Baubeschäftigten, kein Risiko einzugehen und sich „gegen einen sorglosen Umgang mit Corona-Regeln selbstbewusst zur Wehr zu setzen“. Das fange schon auf dem Weg zur Baustelle an: „Dicht an dicht im Baubulli zu sitzen, ist ein No-Go“, so Feiger. Hier seien individuelle An- und Abfahrten notwendig.

Bauarbeiter legten oft enorme Strecken im Bulli oder Pkw zurück, um zur Baustelle zu kommen. „Dabei verlieren sie Zeit, für die sie bislang in der Regel nichts bekommen“, macht Robert Feiger deutlich. Er kündigte an, dass diese Wegezeit gerade auch vor dem Hintergrund der in der Corona-Pandemie gemachten Erfahrungen bei der bevorstehenden Schlichtungsverhandlung für das Bauhauptgewerbe in der letzten Augustwoche (voraussichtlicher Termin: 26. August) eine Rolle am Verhandlungstisch spielen werde.

Darüber hinaus fordert die IG BAU 6,8 Prozent mehr Lohn und 100 Euro im Monat zusätzlich für Azubis aller Ausbildungsjahrgänge. Die IG BAU will damit nach eigenen Angaben den Bau für den Nachwuchs attraktiver machen und so „dem enormen Fachkräftemangel entgegenwirken“.

„Guter Lohn, optimale Rahmenbedingungen, Gesundheitsschutz und Job-Sicherheit – gerade auch in der Corona-Pandemie: Das gesamte Paket muss auf dem Bau stimmen. Die Arbeitgeber sind jetzt am Zug, hier nachzuhelfen und damit die Weichen für die Zukunft der Baubranche zu stellen. Erlauben können sie es sich. Das macht ein Blick auf die Wirtschaftsdaten deutlich: Beachtliche Gewinne und volle Auftragsbücher sorgen in der Bauwirtschaft für gute Stimmung“, so Robert Feiger. Allein beim Wohnungsbau gebe es einen Bauüberhang von rund 740.000 Wohnungen, die bereits genehmigt, aber noch nicht gebaut seien.