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Die Zukunft von Gewerbeimmobilien ist smart

Nachdem viele Bürogebäude während der Zeit der Pandemie über Monate hinweg verwaist waren, zieht dort langsam wieder Leben ein. Doch die Welt zwischen Schreibtischstuhl und Kantine durchlebt nicht erst seit Covid-19 einen Wandel.  Der Markt für Gewerbeimmobilien wird vor allem durch den technologischen Fortschritt immer divergenter: Nicht jede Fläche lässt heutzutage noch problemlos vermieten. Einen klaren Wettbewerbsvorteil bieten sogenannte smarte Gebäude, die sich nach Ansicht von vielen Experten gegenüber herkömmlichen Immobilien langfristig durchsetzen werden. Was ein Smart Building ist, welchen besonderen Nutzen es bietet und warum ein einheitlicher Zertifizierungsstandard für Smart Buildings sinnvoll ist, haben wir Sebastian Kohts gefragt, Country Director DACH von WiredScore.

INTERVIEW

Redaktion: Herr Kohts, holen Sie uns kurz ab: Was macht das Unternehmen WiredScore?

Sebastian Kohts:WiredScore schafft Transparenz rund um digitale Konnektivität und smarte Technologien in Gebäuden auf der ganzen Welt. Dies tun wir mithilfe von zwei Gebäudezertifizierungen, der WiredScore Zertifizierung und der SmartScore Zertifizierung.

Im Kern geht es darum, komplexe Technik in Gebäuden greifbar und deren Nutzen kommunizierbar zu machen. Also zum einen, Mietern die Möglichkeit zu geben, sich vor der Entscheidung, ein Gebäude anzumieten, über die darin vorhandene Technik zu informieren. Zum anderen liefern wir Vermietern einen Anreiz, ihre Gebäude gezielt zu verbessern.

Die WiredScore Zertifizierung analysiert und bewertet die digitale Konnektivität von Immobilien auf Basis von Zertifizierungskriterien, beispielsweise in den Bereichen Glasfaser- und Kupferanbindung, Mobilfunkempfang und Kabelwege. Und da ein ausfallsicheres und schnelles Internet in Immobilien wohl nie so wichtig war wie heute, sind bereits über 3.000 Gebäude weltweit WiredScore zertifiziert.

Im Unterschied zu WiredScore zertifiziert SmartScore die Gesamtheit der Funktionalitäten und technologischen Grundlagen, die ein intelligentes Gebäude ausmachen. Auch wenn die Anzahl an wirklich smarten Gebäuden derzeit noch überschaubar ist, sehen wir hier eine enorme Dynamik im Markt. Wir wollen mit SmartScore einen globalen Standard etablieren, der definiert, was ein Smart Building ausmacht. Der Standard wurde in Zusammenarbeit mit dem WiredScore Smart Council, bestehend aus rund 90 international agierenden Projektentwicklern, Bestandshaltern, Beratern und Mietern geschaffen. Aktuell werden weltweit rund 100 Gebäude SmartScore zertifiziert.

Redaktion: Was ist für Sie ein smartes Gebäude?

Sebastian Kohts: Laut der Definition, die wir gemeinsam mit dem bereits erwähnten WiredScore Smart Council erarbeitet haben, sind smarte Gebäude so beschaffen, dass sie die Nutzer von heute und morgen darin unterstützen, überdurchschnittlich produktiv und zufrieden zu sein. Es setzt also die besten verfügbaren Technologien, Prozesse und Verfahren ein, um herausragende Ergebnisse für alle Nutzer zu erzielen. Die Definition orientiert sich an den Nutzern und den Ergebnissen. Es geht nicht primär um Technik um der Technik willen, sondern um innovative Mehrwerte für den Menschen.

Unserer Meinung nach lässt sich der Nutzen eines smarten Gebäudes anhand von vier Ergebnissen ableiten: einem inspirierenden Nutzererlebnis, dem effizienten Gebäudebetrieb, dem Beitrag des Gebäudes zur Nachhaltigkeit und seiner Zukunftssicherheit. Smarte Gebäude erzielen diese Ergebnisse durch den Einsatz von modernen Technologien und unter Berücksichtigung sämtlicher Nutzergruppen: Endnutzer, Besucher, Facility und Property Manager etc..

Da sich die technischen Möglichkeiten und dadurch auch die Nutzeranforderungen rasant ändern, unterliegen die konkreten Anwendungsfälle und Funktionalitäten einem kontinuierlichen Wandel. Somit ist diese Definition bewusst abstrakt und nicht an konkrete Features gebunden.

Redaktion: Lassen Sie uns einmal ganz praktisch in das Thema eintauchen: Was ändert sich im Alltag für die Menschen in einem smarten Büro?

Sebastian Kohts: Das ist unterschiedlich – je nachdem, welche Nutzergruppe man betrachtet.

Für Personen, die einen Büroarbeitsplatz in einem smarten Gebäude haben, ändert sich relativ wenig. Ihr Arbeitsalltag läuft einfach nur viel effizienter, komfortabler und inspirierender ab. Beispielsweise stehen geöffnete Aufzüge bereit, die durch das Passieren der Speedgates bereits automatisch gerufen haben. Sie können über eine Mieterapp Räume buchen und die Temperatur oder Belüftung darin anpassen. Konventionelle Schlüssel oder KeyCards sind in smarten Gebäuden überflüssig.

Andere Nutzer, wie beispielsweise Facility oder Property Manager, spüren den Unterschied schon sehr viel deutlicher, da sich ihnen ganz neue Möglichkeiten eröffnen. Anstatt beispielsweise auf das monatliche Reporting zu Energieverbräuchen warten, rufen sie per Knopfdruck ein stets aktuelles Dashboard auf. Oder sie können die Auslastung eines Gebäudes zu bewerten, und so den Betrieb des Gebäudes auf die Auslastung einstellen. Auch ist es Möglich, dass das Facility Management seitens des Systems Hinweise, wie es den Betrieb optimieren kann, vom System erhält. Es kann Fernwartungen durchführen, aber auch auf Basis von Predictive Maintenance frühzeitig Risiken erkennen und möglichen Ausfällen entsprechend entgegensteuern.

Redaktion: Wie smart sind Bürogebäude aktuell?

Sebastian Kohts: Das Gros der bestehenden Bürogebäude in Deutschland ist nicht smart. Zwar sind nahezu sämtliche technische Komponenten wie Lüftungen oder Aufzüge längst digitalisiert, aber häufig nicht miteinander vernetzt. Sie operieren oft in völlig unabhängigen Silos. Entsprechend aufwendig ist die Datenauswertung und Steuerung. In smarten Gebäuden werden diese Silos hingegen aufgebrochen und alle Gewerke auf einer Plattform zusammengeführt. Hierzulande gibt es somit noch relativ viel Luft nach oben, wobei Deutschland in etwa gleichauf liegt mit anderen Märkten. In vielen Regionen der Welt, insbesondere in Ballungszentren, gibt es zwar smarte Leuchtturmprojekte, aber der überwiegende Teil des Bestands ist davon weit entfernt. Perspektivisch wird sich dies meiner Meinung nach ändern, da sich die Anforderungen der Mieter in den letzten Jahren erheblich verändert haben. Um diesen Erwartungen gerecht zu werden, müssen Gebäude immer intelligenter werden. 

Redaktion: Wie wird sich der Trend zunehmender Gebäudeautomation Ihrer Ansicht nach entwickeln?

Sebastian Kohts: Wir sind davon überzeugt, dass sich Smart als Standard mittel- bis langfristig durchsetzen wird. Kurzfristig gilt dies schon für hochwertige Gebäude in Top-Lagen. Smarte Gebäude sind auf die großen Herausforderungen, die die nächsten Jahre und Jahrzehnte mit sich bringen werden, besser vorbereitet. Stichwort Nachhaltigkeit: Hier wird und muss sich sehr viel ändern. Auch die Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahren, insbesondere aber durch die Pandemie, drastisch gewandelt und wird auch nach Covid 19 nicht mehr die alte sein. Das sind nur zwei konkrete Beispiele. Nach vielen Jahren des Booms, in denen Vermieter nahezu jede leerstehende Fläche erfolgreich vermieten konnten, wird nun die Qualität eines Gebäudes wieder wichtiger. Das wird die Durchsetzung von Smart Buildings unterstützen.

Redaktion: Welche Vorteile haben smarte Büros?

Sebastian Kohts: Der Nutzen eines smarten Gebäudes lässt sich anhand von vier Ergebnissen ableiten: einem inspirierenden Nutzererlebnis, dem effizienten Gebäudebetrieb, dem Beitrag des Gebäudes zur Nachhaltigkeit und seiner Zukunftssicherheit.

Beispielsweise zeigt ein smartes Gebäude über eine App bereits beim Einfahren in die Tiefgarage freie Parkplätze an. Oder es erkennt, wie viele Personen sich in einem Raum aufhalten und passt die Lüftung oder Beleuchtung entsprechend an. Smarte Bürogebäude tragen somit auch zur Bewältigung der Energiewende bei: Heizung, Klimaanlage, Licht und viele weitere Systeme können an die Gewohnheiten der Nutzer angepasst und genau dokumentiert, analysiert und kontrolliert werden. Das ermöglicht einen energieeffizienten Betrieb des Gebäudes und somit einen verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen.

Redaktion: Brauchen wir einen einheitlichen Standard, um Büros smarter zu machen, und wenn ja warum?

Sebastian Kohts:  Auf jeden Fall. Nur ein einheitlicher Standard macht Gebäude untereinander vergleichbar und somit den Markt transparenter. Genau das hat sich WiredScore zum Ziel gesetzt und deshalb den oben beschriebenen WiredScore Smart Council, bestehend aus über 90 international agierenden Immobilienunternehmen, Projektentwicklern, Bestandshaltern und Technologie-Experten, ins Leben gerufen. Das sind alles Personen, die nahe an der Praxis sind und sich intensiv mit der Frage befasst haben, was ein smartes Bürogebäude ausmacht, wie man ein solches implementiert und welchen Return on Investment es bietet. Im Ergebnis ist nicht nur eine vom Smart Council anerkannte Definition für Smart Buildings entstanden, sondern auch die SmartScore Zertifizierung. Sie bietet einerseits Mietern eine Orientierung bei der Auswahl von Büromietflächen. Andererseits stellt sie für Vermieter einen Anreiz dar, ihre Gebäude attraktiver zu machen.

Zu unterscheiden sind dabei die vier Zertifizierungsstufen certified, silver, gold, platinum. Dass wir mit diesem einheitlichen Marktstandard den Puls der Zeit treffen, zeigt uns die Anzahl an zertifizierten Gebäuden: Bereits sechs Monate nach dem Start von SmartScore werden 100 Projekte von führenden Bestandshaltern und Projektentwicklern in acht Ländern zertifiziert, darunter Allianz Real Estate, Art-Invest Real Estate, AXA Investment Managers, Benson Elliot, British Land, CA Immo, Commerz Real, Covivio, Derwent London, Dream Office REIT, EDGE, Gecina, Hines, Immovalor Gestion, Legal & General, M&G Real Estate, MOMENI Group, Morgan Stanley Real Estate Investing (MSREI), Nuveen Real Estate, SIGNA Real Estate, Skanska und Standard Life Aberdeen.

Redaktion: Herr Kohts, vielen Dank für das Gespräch.

„Wir freuen uns, ein Teil von SmartScore zu sein, denn smart zu sein und zu bleiben, bedeutet für uns nichts Statisches. Gebäude der Zukunft sollten neben einer praktischen Architektur mit Einbindung in das städtebauliche Konzept, auch immer einen hohen Digitalisierungs- sowie Nachhaltigkeitsgrad (Betrieb CO2-neutral) erfüllen. Eine performante Digitalisierung ebnet den Weg zur Nachhaltigkeit. Die SmartScore Zertifizierung ist daher für unsere Investoren, Mieter und uns ein ideales Messinstrument, die digitale Konnektivität eines Gebäudes transparent und nachvollziehbar zu machen, gleichzeitig aber auch mögliche Potenziale aufzuzeigen, um ein Gebäude langfristig „smart“ zu bewirtschaften und nutzen zu können. Dass wir mit unserem Projekt aer Teil dieser neuen Zertifizierungsmöglichkeit sind, zeigt unsere Bestrebung, modernste Büro-, aber auch Wohn- und Logistikimmobilien zu entwickeln.“

Christian Meister, Managing Director, Hines

Sebastian Kohts
Sebastian Kohts

Kurzvita Sebastian Kohts

Sebastian Kohts ist Geschäftsführer von WiredScore und für die Entwicklung des Unternehmens in der DACH-Region verantwortlich. Bevor er 2017 zum Unternehmen stieß, arbeitete er mehrere Jahre als Berater bei Ernst & Young Real Estate. Der studierte Immobilienökonom ist Chartered Surveyor und hält einen Master of Science in Management der Bauhaus-Universität in Weimar.