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Simulationstechnologie für KMU: Die Chancen nutzen

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) haben oft noch das Nachsehen, wenn es um den Einsatz von Simulationstechnologien und die damit einhergehenden Wettbewerbsvorteile geht – häufig mangelt es ihnen an (Rechner-) Kapazitäten und Know-how. Mithilfe von externer Hilfestellung und KMU-gerechten Weiterbildungsangeboten können sie die Einstiegshürden jedoch leichter als gedacht überwinden.

Der Nutzen von Simulations- und Berechnungstechnologien ist unbestritten: So können beispielsweise Produktentwickler mit ihrer Hilfe physikalische Eigenschaften wie Temperatur, Geschwindigkeit, Druck oder Verformung am Computer simulieren und dadurch Prototypen bis hin zur Marktreife zügiger und qualitativ hochwertiger entwickeln. Aber auch das Simulieren von Strömungsvorgängen innerhalb von Gebäuden oder (Rein-)Räumen sowie im Bereich des Brandschutzes bietet Planungsingenieuren einen großen Mehrwert. Denn: Simulierte Experimente lassen sich im Vergleich zu den realen Varianten beliebig oft und mit wenig Aufwand beeinflussen, wiederholen oder vergleichen. Das spart Zeit und Kosten.

„Die Großen“ machen es vor

Für Großunternehmen gehört der Einsatz von Simulationstechnologien aus diesem Grund längst zum Alltag – und das in einer enormen Bandbreite: Sie simulieren das Crash-Verhalten von Fahrzeugen, Strömungen in Turbinen oder Krebsimmuntherapien. Ein „digitaler Zwilling“ (das simulierte Abbild eines realen Produkts) hilft ihnen, Fehler frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden. Inzwischen geht die Entwicklung sogar dahin, dass Simulationstools schon während des Produktentstehungsprozesses eine eigenständige Bewertung vornehmen und entsprechend selektieren – das Stichwort hier: „Künstliche Intelligenz (KI)“. Aber auch im Umfeld von Building Information Modelling-Projekten können Simulationstechnologien eine Rolle spielen. Und die Beispiele ließen sich noch weiterführen.

Cave Automatic Virtual Environment - am HLRS. Bildquelle HLRS
Cave Automatic Virtual Environment – am HLRS. Bildquelle HLRS

Das Problem im KMU-Umfeld: Unternehmen dieser Größenordnung schöpfen das Potential, das in den Simulationstechnologien liegt, noch zu selten aus. Weil die Simulationen bei vielen Anwendungen sehr komplex sind und einen extrem hohen Rechenaufwand erzeugen, fehlt es „den Kleinen“ in der Regel an den notwendigen Rechnerressourcen – verfügen doch die wenigsten von ihnen über ausreichend leistungsfähige Computer, geschweige denn große Rechenzentren inklusive Supercomputer; entsprechende Investitionen sind schlicht zu hoch. Hinzu kommt, dass es vielen KMU am erforderlichen technischen Know-how mangelt, wollen sie die Simulationstechnologien dann auch erfolgreich einsetzen. Wie aber Abhilfe schaffen?

Partner stehen parat

Letztlich müssen sich KMU nur den richtigen Partner an Bord holen. Denn Know-how und Rechnerkapazitäten sind für sie am Markt zugänglich: Viele Forschungsinstitute, Softwarehersteller und Dienstleister sowie spezielle branchenorientierte Simulationszentren verschaffen KMU Zugang zu Simulationstechnologien. Landes- und Bundesförderprogramme unterstützen unter finanziellen Gesichtspunkten. Und große Rechenzentren, wie beispielsweise das Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart (HLRS), bieten ihre Rechnerkapazitäten zu auch für KMU attraktiven und rein nutzungsbasierten Preisen an.

Neutrale und kostenfreie Hilfestellung

Unternehmen, die bei der Auswahl des geeigneten Partners Hilfestellung benötigen oder sich zunächst einmal generell über das Potential von Simulationstechnologien in ihrem Unternehmensumfeld informieren möchten, finden Hilfe bei der Sicos BW GmbH in Stuttgart. 2011 vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und der Universität Stuttgart gegründet, richtet sich das Unternehmen mit seinem Beratungsangebot speziell an KMU – und das dank finanzieller Unterstützung durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (MWK) und seiner Gesellschafter gänzlich neutral und kostenfrei. Die Simulationsexperten versorgen interessierte Unternehmen (schwerpunktmäßig in Baden-Württemberg, aber auch bundesweit) mit Informationen über Anwendungsmöglichkeiten und Werkzeuge, verschaffen ihnen bei Bedarf den Zugang zu Höchstleistungsrechnern und helfen bei der Suche nach geeigneten Partnern.

Simulation + Visualisierung bergen große Vorteile. Bildquelle HLRS
Simulation + Visualisierung bergen große Vorteile. Bildquelle HLRS

Das gilt gleichermaßen für die Visualisierung von Simulationsergebnissen, die nicht nur in puncto Datenanalyse, sondern beispielsweise auch als Erlebnisfaktor für Kunden enorme Vorteile bietet. Auch bei ihrem Einsatz tun sich KMU aus den oben genannten Gründen meist schwer. Doch hier gilt ebenso: Es gibt Unterstützung. So bietet beispielsweise das HLRS auch kleinen und mittleren Industrieunternehmen die Möglichkeit, die CAVE, die hauseigene immersive Einrichtung für 3D-Visualisierungen, zu nutzen. Als Virtual-Reality-Umgebung erlaubt sie es Forschern, in einem drei Meter breiten Raum durch ein laufendes Kohlekraftwerk zu schweben, ein Auto über den Kopf zu heben, inmitten von Hämoglobin-Proteinen zu stehen oder sich entlang einer tief im Schwarzwald vergrabenen Zuleitung für ein Wasserkraftwerk zu bewegen. Auch Strömungsverhältnisse rund um Gebäude lassen sich so darstellen und analysieren, was etwa für Städteplaner im Hinblick auf die Schadstoffbelastung immer wichtiger wird.

Internes Know-how aufbauen

Anwendungsbeispiele wie diese zeigen, dass Simulationen und Visualisierungen selbst in Zeiten des Big Data- und KI-Hypes nicht an Stellenwert verlieren; denn es gibt immer wieder neue Entwicklungen im Bereich der Simulation, speziell der High-Performance-Technologie. KMU sollten deshalb in puncto Zukunftssicherung aktiv werden und – trotz aller Hilfsangebote – bestenfalls obendrein internes Know-how im Bereich Simulation, Visualisierung und High Performance Computing (HPC) aufbauen; zumindest aber bei der Auswahl neuer Mitarbeiter auf entsprechende Qualifikationen achten. Viele Bewerber bringen inzwischen Simulationsexpertise aus entsprechenden Bestandteilen ihres Studiums oder gar eigenen Studiengängen mit.

Ferner gibt es für bestehende Mitarbeiter zunehmend Fortbildungsmöglichkeiten rund um HPC. Diese sind teils sogar speziell auf die Bedürfnisse von KMU zugeschnitten. So verhilft beispielsweise die Supercomputing-Akademie ihren Teilnehmern zu Kenntnissen und Fähigkeiten im Höchstleistungsrechnen und der numerischen Simulation; praxisorientiert und im arbeitnehmerfreundlichen Blended-Learning-Format. Die Akademie basiert auf den Ergebnissen des Projekts „Modulare Weiterbildung zum HPC-Experten (MoeWE)“, das vom Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds sowie dem MWK gefördert wurde. Träger ist das HLRS. Ab 2022 werden alle Module einmal jährlich angeboten, darunter „Datenanalyse mit HPC“, „Simulation – Grundlagen und Strukturmechanik“ oder „Datenmanagement“.

All dies zeigt: Ob mit externer Hilfestellung und/oder internen Wissensaufbau, KMU können meist leichter als gedacht von den Vorteilen der Simulations- und Berechnungswelt profitieren – und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit am Markt steigern.   


Dr. Andreas Wierse, Geschäftsführer der Sicos BW GmbH

Autor: Dr. Andreas Wierse, Geschäftsführer der Sicos BW GmbH, verfügt über ein umfangreiches Know-how im Bereich Simulation und Höchstleistungssysteme sowie Big und Smart Data und hat langjährige Erfahrung in der Beratung von Großunternehmen und KMU.