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Gebäudeintegrierte Photovoltaik ist auf dem Vormarsch

Fenster, Stahlkonstruktionen, Glasfassaden, die jenseits ihrer konventionellen Funktion auch noch Strom produzieren – alles futuristische Energie-Utopie? Mitnichten: Die gebäudeintegrierte Photovoltaik (building-integrated photovoltaics = BIPV) bietet bereits heute eine Vielzahl von Lösungen für die Energieversorgung.

Fenster, Stahlkonstruktionen, Glasfassaden, die jenseits ihrer konventionellen Funktion auch noch Strom produzieren – alles futuristische Energie-Utopie? Mitnichten: Die gebäudeintegrierte Photovoltaik (building-integrated photovoltaics = BIPV) bietet bereits heute eine Vielzahl von Lösungen für die Energieversorgung. Hier werden die Photovoltaik-Module direkt harmonisch in die Gebäudehülle integriert bzw. zu deren originärem Bestandteil. Neben der »klassischen« Umwandlung von Sonnenlicht in Strom bietet das weitere Vorteile: Witterungsschutz sowie Wärme- und Schalldämmung zum Beispiel. Aber auch architektonisch-ästhetische Aspekte gewinnen durch die flexible Anwendbarkeit der PV-Module eine ganz neue Bedeutung. Und dadurch, dass die Energiebilanz von Gebäuden im Rahmen international verschärfter Gesetze immer strenger unter die Lupe genommen wird, steigt naturgemäß die Nachfrage nach modernen energetischen Lösungen.

gebäudeintegrierte Photovoltaik

 

Wachsender Markt für BIPV
Die gebäudeintegrierte Photovoltaik macht derzeit einen kleinen, aber stetig wachsenden Teil des weltweiten Photovoltaik-Marktes aus. Viele Analysten prognostizieren außerdem eine Wachstumsexplosion in diesem Sektor, die in einem jährlichen Multimilliarden-Dollar-Marktsegment enden soll. Die Wachstumsraten für diesen Markt werden von BCC Research auf 56 Prozent pro Jahr geschätzt. Damit würde die Kapazität laut dem Markforschungsbericht »Building-Integrated Photovoltaics« von BCC Research im Jahr 2015 bei 11.392 MW liegen. Der aktuelle weltweite Abschwung in der Bauindustrie hat die Entwicklung in der gebäudeintegrierten Photovoltaik zwar verlangsamt. Marktanalysten bezeichnen dieses Phänomen aber als vorübergehend und sehen eine Trendwende seit dem Jahr 2010. Besonders China und Indien erleben derzeit einen »Bauboom«. Gleichzeitig sind die Volkswirtschaften der USA und Europa mittlerweile so groß, dass ihre Bau- und Sanierungsindustrien auch in Krisenzeiten weiterhin auf hohem Niveau operieren können.

gebäudeintegrierte Photovoltaik

Vom Silizium zur »künstlichen Photosynthese«
Die PV-Technologie hat sich mittlerweile stark diversifiziert. Neben den Wafer- und Dünnschicht-Technologien der ersten und zweiten Generation drängt eine dritte Solarzellengeneration auf den Markt, zu der auch die Farbstoffsolarzellen gehören. Bei den kristallinen Modulen der ersten Generation werden mehrere Silizium-Wafern, meist in serieller Verschaltung, aufgebaut. Kristalline Module bieten heute den höchsten Wirkungsgrad bei optimaler Ausrichtung. Allerdings macht genau diese Notwendigkeit der erforderlichen genauen – und logischerweise dynamischen – Ausrichtung zur Sonne die statischen Module eher uninteressant für die gebäudeintegrierte Photovoltaik. Siliziumbasierte PV-Lösungen sind außerdem sehr anfällig gegenüber Verschattungen und reagieren sensibel auf Temperaturerhöhungen.

Dünnschichtzellen unterscheiden sich von ihren kristallinen Verwandten vor allem durch die Art der Herstellung und die Schichtdicke der eingesetzten Materialien. Die Dünnschichtzellen sind um einiges flexibler und unter bestimmten Voraussetzungen auch leistungsstärker, dafür muss allerdings ein deutlich reduzierter Wirkungsgrad in Kauf genommen werden. Als »künstliche Photosynthese« schließlich lässt sich die Funktionsweise der Farbstoffsolarzellen beschreiben. Diese Technologie scheint sich besonders gut für die gebäudeintegrierte Photovoltaik zu eignen: Die Farbstoffsolarzellen benötigen lediglich Tageslicht – kein unmittelbares Sonnenlicht! – zum Betrieb. Verschattungen stellen deshalb kein Problem dar, und auch eine direkte Ausrichtung zur Sonne hin ist obsolet. Entsprechend flexibel lassen sich die Module installieren.

gebäudeintegrierte Photovoltaik

Auf vielen Wegen zum Ziel
Sunways ist einer der deutschen Spezialisten für die gebäudeintegrierte Photovoltaik. Das Unternehmen arbeitet mit farbigen Kristall-Silizium-Modulen: So wurde u.a. eine Photovoltaik-Anlage in das wellenartige Dach der »BMW Welt« in München integriert. In der Paul-Horn-Arena in Tübingen gilt die mit Sunways Technologie ausgestattete smaragdgrüne Photovoltaik-Fassade als eye-catcher und deckt die gesamten 520 Quadratmeter der Südwest-Seite des Gebäudes ab. Damit ist sie die weltweit größte PV-Fassade mit farbigen Solarzellen. Laut Sunways liefern mehr als 20.000 Zellen ca. 44 kW Leistung und erzeugen rund 30 MWh pro Jahr. Ebenfalls von Sunways stammt das »Null-Energie-Haus« in Tübingen, bei dem über die Gebäudehülle sowohl warmes Wasser als auch Strom erzeugt werden.

In Kalifornien hat Focus Materials damit begonnen, den sogenannten »Focus Wall« anzubieten. Dabei handelt es sich um individuell hergestellte Glass-Aluminium-Fassaden, die auf semi-transparenter Dünnfilm-Solartechnologie der Firma Abound Solar und vBoost-Konstantspannungsumwandlern der Firma eIQ Energy basieren. Focus Materials integriert Module sowie Verkabelung außer Sicht und in der Tragestruktur jedes einzelnen Panels und verbindet die einzelnen Panels mit Hilfe elektronischer Einrast-Konnektoren.

In Australien, Amerika, Asien und Europa arbeitet Dyesol mit einer Reihe von internationalen Partnern daran, die Farbstoffsolarzellen-Technologie in Produkte der Baubranche zu integrieren (wie Fenster, Fassaden oder Stahldächer). Da die Farbstoffsolarzellen (dye-sensitized solar cells = DSC) nur Tages- und kein Sonnenlicht benötigen, eignet sich diese Technologie vor allem für den Einsatz in Regionen wie Mitteleuropa, Amerika oder auch großen Teilen Asiens mit ihrer relativ häufigen Bewölkung. Die Zellen sind außerdem weniger empfindlich gegenüber unterschiedlichen Winkeln des Lichteinfalls. Das heißt, die entsprechenden Module können vertikal in die verschattete Fassade eines Gebäudes integriert werden. In Großbritannien haben Dyesol und Tata Steel Europe erfolgreich ein Pilotprojekt im Wert von elf Millionen Pfund abgeschlossen, dass die Integration der DSC-Zellen in ein Stahlpanel zum Ziel hatte. Ergebnis war das mit einer Fläche von ca. einem Quadratmeter (bei einer Länge von drei Metern) bisher größte PV-Modul auf Stahl. Für die gebäudeintegrierte Photovoltaik stellt dies einen wichtigen Etappensieg auf dem Weg zur großflächigen gebäudeinternen Energieerzeugung dar. Dyesol arbeitet ebenfalls mit dem Glashersteller Pilkington in den USA daran, stromerzeugende Glasfassaden auf Basis der DSC-Technologie zu produzieren.

Sonnige Aussichten für die gebäudeintegrierte Photovoltaik also? Die Voraussetzungen dafür zumindest scheinen vorhanden.